Grußwort des Bundesministers der Justiz Dr. Marco Buschmann für die Vereinigung der Handelsrichter | 2022

Eine gute Rechtsprechung versteht sich nicht nur auf die Auslegung von Gesetzestexten, sondern auch auf die Beurteilung der Lebenswirklichkeit. Sie hat Theorie und Praxis, das Abstrakte und das Konkrete, das Allgemeine und das Besondere gleichzeitig im Blick und führt sie zusammen. Um die Theorie, das Abstrakte und Allgemeine zu kennen, bedarf es des juristischen Studiums. Um Praxis, das Konkrete und das Besondere richtig zu beurteilen, bedarf es eines gesunden Wirklichkeitssinnes.

Es ist dieser Wirklichkeitssinn, den Sie, die Handelsrichterinnen und Handelsrichter in die Rechtsprechung einbringen, ein Wirklichkeitssinn, der sich auszeichnet durch praxisgesättigte Erfahrung und berufliche Fachkenntnis und der für eine ausgewogene und lebensnahe Urteilsfindung von großer Bedeutung ist.

Die Handelsrichterinnen und Handelsrichter üben damit ein sehr wichtiges Ehrenamt mit großer Tradition aus, die bis an den Beginn des 16. Jahrhunderts zurückreicht. Bereits 1508 heißt es in einem Edikt Maximilans I. „dass überhaupt niemand geschickter ist, die obgemeldeten Gebrechen der Kaufleut und Kaufmannshändel zu entscheiden, als die verständigen Kaufleut“. Das wird man auch heute selten bestreiten wollen, und so kann man ohne Übertreibung feststellen, dass es sich hier um eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte des deutschen Rechtssystems handelt. Gerade in diesen wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sind Ihr Sachverstand und Ihre Erfahrung im Wirtschaftsleben für die Kammern für Handelssachen unverzichtbar.

Ihre – und das kann man gar nicht oft genug betonen – unentgeltliche und verantwortungsvolle Tätigkeit als ehrenamtliche Richterinnen und Richter mit Roben ist ein tragender Pfeiler der landgerichtlichen Rechtsprechung.

Die gute und gründliche Arbeit der deutschen Gerichte verdankt sich zu einem großen Teil dem Einsatz ehrenamtlichen Richterinnen und Richter wie Ihnen. Mit Ihrem Einsatz tragen Sie wesentlich zu ausgewogenen, vom Wirklichkeitssinn bestimmten Urteilen bei und damit zu dem hohen Ansehen, das die Gerichte in Deutschland genießen. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Machen Sie weiter so!

Dr. Marco Buschmann
Bundesminister der Justiz