Handelsrichter − Wirtschaftskompetenz für die Justiz

Häufige Fragen

Wie können Kläger und Beklagter die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen im Prozess erreichen?
Die Kammer für Handelssachen (KfH) entscheidet nur auf Antrag einer der Parteien. Der Kläger hat den Antrag spätestens mit der Klagebegründung zu stellen, der Beklagte spätestens mit Ablauf der ihm zur Klageerwiderung gesetzten Frist. Voraussetzung ist die Zuständigkeit des Landgerichtes (Streitwert über EUR 5.000,– oder als Berufungsgericht). Ebenso kann der Beklagte die Verhandlung vor einer KfH beantragen, wenn die Handelssache bereits vor einer Zivilkammer anhängig ist.
Wo finden sich die gesetzlichen Vorschriften zur Kammer für Handelssachen?
Die Kammern für Handelssachen sind im Siebenten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in §§ 94 – 104 geregelt.
Welche Angelegenheiten werden vor den Kammern für Handelssachen verhandelt?
Handelssachen sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in denen es um Fragen des Handels- oder Gesellschaftsrechts sowie verwandter Rechtsgebiete wie dem Börsengesetz und dem Aktiengesetz geht. Dazu zählen insbesondere Ansprüche aus Handelsgeschäften unter Kaufleuten sowie Streitigkeiten unter Gesellschaftern und aus dem Handelsrecht, Wechsel-, Scheck- und Urkundenrecht, aus Marken- und Geschmacksmusterverfahren sowie aus Unternehmensverkäufen, dem Seerecht und dem unlauteren Wettbewerb, dem Gesellschaftsrecht sowie aus Handelsregisterangelegenheiten.
Wer kann Handelsrichter/in werden?
Zum ehrenamtlichen Richter können nur deutsche Staatsangehörige ernannt werden, die älter als 29 Jahre und jünger als 70 Jahre alt sind. Sie müssen Inhaber, Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder Prokurist einer Firma oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sein oder gewesen sein. Schließlich sollen sie im Bezirk des Gerichts wohnen oder eine Unternehmensniederlassung betreiben. Handelsrichter müssen besonders vertrauenswürdige und ehrenhafte Persönlichkeiten sein. Ausgeschlossen sind daher Straftäter sowie Personen, die kein öffentliches Amt bekleiden dürfen oder gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft. Ebenfalls nicht ernannt werden sollen Personen, die gesundheitlich nicht geeignet oder in Vermögensverfall geraten sind.
Welche Rechte und Pflichten hat ein Handelsrichter?
Abgesehen davon, dass Handelsrichter kein Dienstverhältnis zum Bundesland haben, unterliegen sie im Verfahren den gleichen Rechten und Pflichten wie ein Berufsrichter. Sie wirken in der Gerichtsverhandlung und bei der Urteilsfindung gleichberechtigt mit vollem Stimmrecht mit und können damit in der dreiköpfigen Spruchkammer sogar den Vorsitzenden, also den juristisch ausgebildeten Berufsrichter, überstimmen. Ihre Bedeutung wird äußerlich auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie – anders als Schöffen – in der Verhandlung eine schwarze Robe tragen. Ein Handelsrichter muss unabhängig sein und ist an das Beratungsgeheimnis gebunden.
Wie wird man Handelsrichter?

Der nahe Bezug zum Handelsverkehr kommt auch im Berufungsverfahren der Handelsrichter zum Ausdruck, die dem Landgericht von der örtlichen Industrie- und Handelskammer vorgeschlagen werden. In einem gründlichen Prüfungsverfahren sucht die IHK Kandidaten aus dem Kreis der Unternehmerinnen und Unternehmer und benennt erfahrene und ehrbare Persönlichkeiten:

  • Bewerber stellen eine formlose Anfrage bei ihrer zuständigen IHK, in Berlin an Frau Sabine Beaucaire (030 / 3 15 10-585 bzw. Sabine.Beaucaire(at)berlin.ihk.de).
  • Die IHK lädt den Bewerberinnen und Bewerber zu einem persönlichen Gespräch ein.
  • Sind die Voraussetzungen gegeben, wird der Bewerber von der IHK dem Landgericht vorgeschlagen.
  • Nach weiteren Überprüfungen wird der Bewerber durch den Justizsenator/Landesjustizminister zum ehrenamtlichen Handelsrichter ernannt.
  • Vor seiner ersten Verhandlung wird der ehrenamtliche Handelsrichter vereidigt und ihm die Ernennungsurkunde ausgehändigt.

Die Amtszeit der Handelsrichter beträgt dann fünf Jahre, kann aber – wieder auf Vorschlag der IHK – mehrfach um jeweils fünf Jahre verlängert werden.

Wann ist eine KfH überhaupt zuständig?

Vgl. § 95 GVG (Rechtsstreitigkeiten von Kaufleuten, soweit der Streitwert 5.000 € übersteigt, oder Wettbewerbssachen jeweils auf Antrag einer Partei bzw. Handelsregisterangelegenheiten)